Eine Darstellung des Titusbogens in Rom – Kaiser Titus ließ 70 n. Chr. einen jüdischen Aufstand niederschlagen und führte die Tempelschätze im Triumphzug nach Rom. (© Wikimedia, Steerpike).

Bereits in vorrömischer Zeit entstand eine jüdische Diaspora (=Zerstreuung) mit Zentren in Babylon („Babylonische Gefangenschaft“ 582–538 v.d.Z.) und Alexandrien. Der Freiheitskampf gegen die Römer führte 70 n.d.Z. zur Zerstörung des Tempels in Jerusalem und des Tempelkults. An seine Stelle trat der noch heute übliche Synagogengottesdienst mit dem Amt des Rabbiners. Nach einem erneuten Aufstand wurde es 135 n.d.Z. grundsätzlich Juden verboten in Jerusalem zu leben. Die Römer zwangen die Juden zur Diaspora. Nur ein kleiner Teil der jüdischen Bevölkerung blieb in Palästina zurück. Über die seit der hellenistischen Zeit bestehenden Gemeinden im östlichen Mittelmeerraum hinaus siedelten Juden nun in allen Teilen des Römischen Reiches, darunter auch in der Germania Romana, wo Kaiser Konstantin die Juden 321 und 331 in Köln durch Edikte zur Übernahme von Ämtern verpflichtete, Rabbiner und Synagogendiener aber davon ausnahm. In der Völkerwanderungszeit gingen die jüdischen Gemeinden in der Germania Romana unter. Neue Gemeinden entstanden erst wieder im frühen Mittelalter (10.– 11. Jh.).

In Folge des Auftretens Jesus von Nazareth entstand das Christentum zunächst als jüdische Sekte. In einem längeren Prozess trennten sich im 2. Jahrhundert beide Glaubensrichtungen und traten als Konkurrenten auf. Das Christentum, das sich als universelle Religion verstand und im 4. Jahrhundert zur Staatsreligion erklärt wurde, betrachtete sich als von Gott auserwählter Heilsträger, was in den folgenden Jahrhunderten eine latente Judenfeindschaft der Christen zur Folge hatte. Durch die Kirchenväter Augustinus und Gregor d. Gr. wurde den Juden ein Existenzrecht in der abendländischen christlichen Gesellschaft zugesprochen. Doch kam es wiederholt zu judenfeindlichen Anordnungen durch die Kirche.

Mit dem Untergang des weströmischen Reichs übernahm nach der Völker- wanderungszeit das Frankenreich im 6./7. Jahrhundert die Führungsposition im Abendland. Trotz der judenfeindlichen Vorgaben seit der Spätantike durch den römischen Staat und durch die römische Kirche basierte die abendländische Kultur neben dem antiken Erbe auch auf dem Judentum. Gleichzeitig eroberte der Islam große Teile des Mittelmeergebietes. Von Ausnahmen abgesehen, verhielt sich der Islam relativ tolerant gegenüber dem Judentum. Das sephardische Judentum (Sefarad = Spanien) erlebte sowohl in den islamischen als auch in den christlichen Staaten Spaniens eine kulturelle Blüte.

Nach der Teilung des Frankenreichs entstanden im Ostreich, dem späteren Deutschland, seit dem 10. Jahrhundert jüdische Gemeinden an den Hauptverkehrsadern, dem Einzugsgebiet von Rhein, Main und Donau. Die Juden in Deutschland werden als aschkenasische Juden bezeichnet (Aschkenas = Deutschland bzw. Mitteleuropa). Durch ihre internationalen Handelsbeziehungen trugen sie zur Entwicklung der Städte in Deutschland bei.
Juden lebten mehrere Jahrhunderte relativ unangefochten, auch keineswegs nur in untergeordneter Stellung, in der christlichen Gesellschaft, ehe Verfolgungen und Vertreibungen einsetzten.

Die jüdischen Stadtgemeinden entwickelten eine eigene Infrastruktur mit Gerichtshöfen, Schulen, Synagogen, Friedhöfen und Ritualbädern sowie den entsprechenden Funktionsträgern und mit einer inneren Autonomie in kulturellen und rechtlichen Angelegenheiten. In Mainz und Worms entstanden Zentren jüdischer Gelehrsamkeit (Jeschiwot, Sing.: Jeschiwa), die sich gleichrangig neben den orientalischen jüdischen Religionszentren (in Galiläa und Mesopotamien) behaupteten.

Mit der Erklärung der servitudo Judaeorum (Knechtschaft der Juden) versuchten die Päpste im 12./13. Jahrhundert die Juden der Kirche unterzuordnen. Gleichzeitig unterstellten die Kaiser die Juden ihrem besonderen Schutz, woraus sich die sogenannte Kammerknechtschaft entwickelte, da die Juden für diesen Schutz eine Sondersteuer an die kaiserliche Kammer entrichten mussten.

Der christliche Antijudaismus verursachte zahlreiche Pogrome, von denen die Kreuzzugspogrome (~ 1100) und die Pestpogrome (1348 ff.) tiefe Einschnitte für das Judentum in Deutschland bedeuteten. Dabei mischten sich die religiösen mit sozialen Motiven und materiellen Interessen (wirtschaftliche Konkurrenz). Der Wuchervorwurf etablierte sich als hartnäckiges Vorurteil, obwohl es trotz des kirchlichen Zinsverbots auch christliche Geldverleiher gab. Der religiöse Fanatismus äußerte sich in Anschuldigungen von angeblichen Hostienschändungen sowie angeblichen Ritualmorden an christlichen Kindern durch Juden.
Seit dem 15. Jahrhundert wurden die Juden immer stärker aus der Gesellschaft herausgedrängt und aus den meisten Reichsstädten und Territorien vertrieben. Jedoch kam es in Deutschland auf Grund der föderativen Struktur bzw. territorialen Zersplitterung im Gegensatz zu England, Frankreich und Spanien zu keiner generellen Vertreibung der Juden aus dem Reich. Nicht der Kaiser, sondern die Territorialherren bestimmten darüber, ob sie Juden in ihrem Land duldeten oder nicht. Nur in den wenigen den Juden verbliebenen Reichsstädten, so in Frankfurt/Main und Worms, bestimmte der Kaiser über das Niederlassungsrecht. Nach der Vertreibung der Juden aus den meisten Städten ging bis auf Frankfurt/Main, Worms und Prag die jüdische Stadt- und Gemeindestruktur unter.

Seit dem Ende des 14. Jahrhunderts nahmen die Repressionen gegen Juden in Spanien zu. Etliche Juden konvertierten („Conversos“), meist aus Angst ihre Leben zu verlieren, und nahmen die christliche Religion an. Nach dem Sieg der Reconquista über die Muslime (1492) wurden die Juden vor die Wahl gestellt zum christlichen Glauben überzutreten oder das Land zu verlassen. Viele dieser sog. „Marranen“ wanderten deshalb nach Amsterdam und Hamburg aus und kehrten dort zum Judentum zurück. In Distanz zum aschkenasischen Judentum behaupteten sie ihre eigene sephardische Kultur.

Im religiös erregten Zeitalter der Reformation entwickelt gerade Martin Luther eine ausgeprägte Judenfeindschaft. Hatte er in seinem Frühwerk die Bekehrung der Juden zum erneuerten Christentum erwartet, so forderte er später in seiner Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“(1543) enttäuscht dazu auf, ihre Synagogen und Häuser zu verbrennen und ihren Rabbinern die Lehre zu verbieten. Die führende Persönlichkeit des damaligen Judentums, der Elsässer Josel von Rosheim, verfasste daraufhin eine Verteidigungsschrift gegen Luther. Es gab keine reichsweite Organisation der Juden, doch Josel von Rosheim wirkte auf den Reichstagen und bei Kaiser Karl V. erfolgreich als Fürsprecher der Juden.

Unter dem Einfluss der lutherischen Lehre und der konfessionellen Streitigkeiten wurden im 16. / 17.Jahrhundert die Juden aus vielen protestantischen Staaten Deutschlands, aber auch aus manchen katholischen ganz vertrieben. Auf Veranlassung der Zünfte wiesen viele Städte unter religiösen Vorwänden Juden aus, so dass diese bis zum 19. Jahrhundert vorwiegend in Kleinstädten und Dörfern siedeln mussten.

Selbst dort, wo Territorialherren Juden die Ansiedlung erlaubten, geschah dies aus wirtschaftlichen Überlegungen. War ursprünglich der Kaiser Schutzherr der Juden gewesen, so wurde dieses Privileg später an die Landesherren verpfändet, die ein rigides und einträgliches System des „Schutzjudentums“ etablierten. In Judenordnungen legten sie den Schutzjuden kollektiv hohe Geldzahlungen auf und beschränkten ihre Berufsausübung auf Geldleihe und Warenhandel. Die berüchtigte preußische Judenordnung von 1750 setzte sogar die Zahl der Juden im Lande für „immer“ fest.

Seit dem 17. Jahrhundert entwickelte sich mit den „Hofjuden“ eine neue jüdische Oberschicht. Sie statteten die Fürsten des entstehenden Absolutismus mit Kapital, Heereslieferungen und Luxuswaren aus, wodurch diese von den Bewilligungen der Stände unabhängig wurden. Der Hass der Stände richtete sich deshalb gegen viele dieser Hofjuden, was z.B. Josef Süß Oppenheimer, Hoffaktor des Herzogs von Württemberg, in Stuttgart 1737 mit dem Leben bezahlen musste.
Im Innern genossen die jüdischen Gemeinden Autonomie und regelten ihre religiösen und sozialen Angelegenheiten selbst. Sie waren stark hierarchisch strukturiert. An ihrer Spitze standen einzelne Hofjuden, die Fürsprecher der Gemeinden waren und für die kollektive Steuer hafteten. Auf eine schmale Mittelschicht folgte eine breite Unterschicht, die knapp das Lebensminimum erwerben konnte, und eine große Schar von Almosenempfängern. Viele Mittellose erhielten nirgendwo Niederlassungsrecht und zogen als Wanderbettler von Gemeinde zu Gemeinde.
Die religiöse Praxis der Juden spielte sich nicht nur in der Synagoge, sondern vor allem im Haus ab. Entsprechend stark ist die Bedeutung der Familie. Die jüdischen Frauen sorgten für einen koscheren Haushalt, arbeiteten aber auch im Familiengeschäft mit, wie das Beispiel der Glikl von Hameln zeigt. In den Dörfern lebten Juden in nachbarschaftlichem Kontakt mit Christen, manchmal sogar im selben Haus, mit entsprechend engen Alltagsbeziehungen. Die meisten Familien ernährten sich von Hausier- und Viehhandel, von Pfandleihe und Kleinkrediten.
Nach Zerstörung der traditionellen jüdischen Stadtgemeinschaften im Spätmittelalter entwickelten die Juden in Deutschland mit den Landjudenschaften eine neue Organisationsform.

Die Auflösung der Ständegesellschaft eröffnete neue Wirtschafts, Handels- und Kulturbeziehungen. Einen besonderen Anteil an dieser Öffnung hatten sozial aufgestiegene Juden, vor allem in Berlin.

Die Stellung der überwiegenden Mehrheit der Juden allerdings war noch wirtschaftlich und rechtlich prekär. Sie unterlagen Berufsbeschränkungen. Am Beispiel Moses Mendelssohns lässt sich die Rechtsstellung der Juden darstellen. Sie waren im besten Falle Schutzjuden (ohne Bürgerrechte). Mendelssohn selbst erhielt erst 1763 einen eigenen Schutzbrief.

Moses Mendelssohn (1729–1786) war die führende Gestalt der jüdischen Aufklärung („Haskala“). In Dessau noch traditionell jüdisch erzogen, ging er mit 14 Jahren nach Berlin, wurde dort von fortschrittlich gesinnten Juden gefördert und gewann durch seine literaturkritischen, ästhetischen und religionsphilosophischen Abhandlungen eine anerkannte Stellung innerhalb der Aufklärungsbewegung durch Kant – eine nicht nur für Juden, sondern auch für die entstehende bürgerliche Gesellschaft bedeutende Stellung. Gotthold Ephraim Lessing setzte dem jüdischen Freund mit seinem Drama „Nathan der Weise“ ein Denkmal.
Mendelssohn setzte sich für die Öffnung des jüdischen Kulturkreises für Ideen der Aufklärung ein, forderte eine nicht allein von der Religion bestimmte Bildung der Jugend, sondern deren Ausbildung auch in „weltlichen“ Fächern und verlangte eine besondere Pflege der deutschen Sprache. Religiös blieb er orthodox. Von der Gesellschaft forderte er Toleranz und Fortschritte in der Emanzipation der Juden.
Das Ziel der Haskala war Akkulturation, nicht Assimilation. Es ging sowohl darum, die jüdische Gesellschaft an Sprache und Kultur der Umwelt heranzuführen, als auch um ein den Anforderungen der Aufklärung genügendes Religionsverständnis. Ein Zeugnis dafür war Mendelssohns Übersetzung der „Thora“ (Pentateuch) ins Deutsche, die allerdings in hebräischen Buchstaben gedruckt erschien. Damit versuchte er einerseits den Text für ein der hebräischen Sprache sich entfremdendes jüdisches Publikum zu „retten“, anderseits eine bessere Kenntnis der deutschen Sprache zu fördern.
Orte der Verbürgerlichung waren die Reformsynagogen (Neugestaltung des Gottesdienstes, auch in ästhetischer Hinsicht), die Reform-Schulen als zentral die Verbürgerlichung vermittelnde Instanzen und die Öffentlichkeit in Kultur und Handel.
Nichtjüdische Aufklärer erkannten, dass die Emanzipation der Juden auch im Interesse der Gesellschaft und des Staates lag. Die Emanzipationsdebatte begann mit der von Mendelssohn angeregten Schrift von Christian Wilhelm Dohm „Über die bürgerliche Verbesserung der Juden“ (1781). Damit eröffnete dieser die Diskussion um die sogenannte Erziehungsemanzipation. Die Juden sollten sich in ihrer Sozialstruktur der Allgemeinheit anpassen und danach bürgerliche Gleichstellung erhalten.
In der offenen Situation der beginnenden Verbürgerlichung wurden unterschiedliche Konzepte, wie Juden Teil der Gesellschaft werden sollten, entwickelt. Auseinandersetzungen gab es einmal mit der von den Rabbinern vertretenen Tradition um die religiös bestimmte Disziplin in den Gemeinden, aber auch innerhalb der jüdischen Aufklärungsbewegung, die sich v.a. in Diskussionen um Formen des Gottesdienstes, Zielsetzungen der Schulen und den Umfang der Öffnung zur Umgebungsgesellschaft niederschlugen.
Die Einschätzung der jüdischen Bestrebungen nach Akkulturation und Emanzipation war in der nichtjüdischen Diskussion breit gefächert: von der Erwartung einer völligen Assimilation, die zwar dem Individuum, aber nicht der Gruppe der Juden Rechte zuerkennen wollte (v. Knigge, Fichte), bis hin zur Anerkennung der Juden als Gruppe, die Teil der bürgerlichen Gesellschaft sein sollte.

Im revolutionären Frankreich wurden Juden 1791 zu gleichberechtigten Staatsbürgern erklärt. Die revolutionäre Gesetzgebung konnte auch in den von Napoleon beherrschten deutschen Modellstaaten wie dem Königreich Westfalen Fuß fassen. Dazu gehörte die Judenemanzipation. Die Regelungen auf dem Wiener Kongress stellten den alten rechtlichen Zustand in denjenigen deutschen Ländern wieder her, denen das neue französische Recht aus Sicht der deutschen Fürsten „oktroyiert“ worden war. Jüdische Patrioten, die als Freiwillige in den Krieg gegen Napoleon gezogen waren, trugen unfreiwillig dazu bei, die errungenen Rechte wieder abzuschaffen.

Die jüdische Emanzipation in den deutschen Staaten war ein Prozess, der sich über 1 Jahrhundert hinzog. Das 1812 erlassene preußische Judenedikt erklärte Juden zwar zu Staatsbürgern, schloss sie aber immer noch beispielsweise vom Beamtenstand aus. Einen zwischenzeitlichen Erfolg bedeutete die Formulierung der Grundrechte, wie sie auf Betreiben des jüdischen Juristen Gabriel Riesser (1806–1863) in der Deutschen Nationalversammlung angenommen wurde. Danach wurden die Grundrechte allen Deutschen ohne Ansehen ihrer religiösen Zugehörigkeit gewährt. Nach Auflösung der Nationalversammlung wurden die dort geforderten Gleichheitsgrundsätze seit den 1860er Jahren in einzelnen Bundesstaaten eingeführt. Die endgültige rechtliche Gleichstellung wurde erst in der Reichsverfassung von 1871 vollendet.

Die rechtliche Emanzipation war einerseits abhängig gemacht worden von der sozialen Integration; andererseits war die rechtliche Gleichstellung in vielen Fällen die Voraussetzung zur sozialen Integration. So war der Prozess der Emanzipation ein von vielen Widersprüchen begleiteter, nicht gradliniger und langsamer Vorgang. Selbst die erreichten Verfassungsrechte wurden oft durch die Verwaltung ausgehöhlt. Von Führungspositionen in Universitäten, Justiz und Armee wurden Juden weiterhin möglichst ferngehalten.

Die deutschen Juden erlebten im 19. Jahrhundert einen starken sozialen Aufstieg ins Bürgertum. Ermöglicht wurde dies durch die rechtliche Emanzipation, das große Bildungsstreben der Juden und die Chancen, die die Industrielle Revolution jüdischen Kaufleuten und Unternehmern eröffnete.

Juden gehörten zu der Kerngruppe der neuen wirtschafts- und bildungsbürgerlichen Schicht seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Ihr Erfolg lässt sich daran bemessen, dass ein Drittel der deutschen Nobelpreisträger aus einem jüdischen Elternhaus kam. Die Bedeutung der Juden für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands war enorm. Als Unternehmer waren sie im Handel, in der Chemie- und Elektroindustrie, bei der Entwicklung großer Warenhäuser, im Konfektionsgeschäft und im Zeitungs- und Verlagswesen erfolgreich. Ebenso erfolgreich waren sie als Bankiers im Modernisierungsprozess der Finanzwirtschaft. Als vermögende Bildungsbürger engagierten sie sich als Mäzene oder als aktiv Schaffende für Kultur und Kunst, Literatur und Wissenschaft.

Nach antijüdischen Strömungen im Vormärz entstand in den siebziger Jahren eine antisemitische Bewegung von bisher unbekannter Stärke, die sich gerade auch im Bürgertum verbreitete und die Emanzipation der Juden rückgängig machen wollte. Wilhelm Marr verbreitete ab 1879 den Ausdruck „Antisemitismus“, Rassenideologen behaupteten die Minderwertigkeit der Juden, und die Bewegung organisierte sich in Antisemitenparteien, die Abgeordnete in den Reichstag entsandten. Dieser organisierte Antisemitismus veranlasste die deutschen Juden 1893 zur Gründung eines Abwehrvereins, des „Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens“. Die jüdische Gemeinschaft entwickelte sich in Deutschland im 19. Jahrhundert religiös, politisch und sozial sehr divergent. Als neue religiöse Richtung entstand in scharfer Auseinandersetzung mit der Orthodoxie das liberale Judentum, dem die Mehrheit der Juden angehörte. Viele allerdings definierten ihr Judentum gar nicht mehr religiös.

Eine neue Form jüdischer Identität ermöglichte der Zionismus. Er warb für den Zusammenschluss der Juden in einer jüdischen Nationalbewegung mit dem politischen Ziel, einen jüdischen Nationalstaat in Palästina zu gründen. Ihm schloss sich Ende des 19. Jahrhunderts jedoch nur eine kleine Minderheit der deutschen Juden an. Öffentlich bekannt wurde der Zionismus vor allem durch das 1896 von Theodor Herzl (1860–1904) veröffentlichte Buch „Der Judenstaat“.

Durch die Pogrome und die wirtschaftliche Not im Zarenreich veranlasst, emigrierten ab 1880 zwei Millionen meist armer Juden aus Osteuropa in die USA. Bis 1910 blieben etwa 80.000 Auswanderer in Deutschland und bildeten hier mehrheitlich ein jüdisches Proletariat.

1914 unterschied sich die Kriegsbegeisterung deutscher Juden kaum von der ihrer nichtjüdischen Landsleute. Die vom Kriegsministerium 1916 durchgeführte, aber nicht veröffentlichte Erhebung über die jüdische Beteiligung am Frontdienst („Judenzählung“) stellte die Juden pauschal unter Verdacht und verstärkte antisemitische Vorurteile.

Migration und Krieg veränderten die Zusammensetzung der sozialen, ökonomischen und ethnischen Struktur der jüdischen Bevölkerung in Deutschland. Zwischen 1914 und 1918 verdoppelte sich nahezu die Anzahl der „Ostjuden“. Zu den 90.000 ausländischen Juden, die bei Ausbruch des Krieges bereits in Deutschland waren, kamen 35.000 Kriegsarbeiter, viele von ihnen zwangsrekrutiert, und weitere 35.000 jüdische Kriegsgefangene und zivile Internierte.
Der größte Teil der jüdischen Bevölkerung stand der Revolution 1918/19 zunächst distanziert gegenüber, die freiheitliche und demokratische Weimarer Republik aber wurde von der überwältigenden Mehrheit der Juden begrüßt und unterstützt.

Während des Ersten Weltkrieges und insbesondere danach kam es zu einer Radikalisierung des Antisemitismus. Die sogenannte „Dolchstoßlegende“ und die Ermordung des Außenministers Walter Rathenau 1922 stehen exemplarisch für diese Entwicklung.

Die jüdische Bevölkerung entwickelte bereits frühzeitig ein Krisenbewusstsein hinsichtlich der aufziehenden Bedrohung der Weimarer Demokratie. Die Abwehr des Antisemitismus scheiterte, da es keine hinreichend starken und engagierten Bündnispartner der Juden in der Gesellschaft gab.

Wissenschaft und Kunst im deutschsprachigen Kulturbereich sind ohne die Leistung der deutschen Juden nicht vorstellbar und verständlich, vor allem für die Zeit der Weimarer Republik. Leo Baeck verglich die Teilhabe von Juden an der deutschen Kultur mit den Höhepunkten der jüdischen „Kultur-Assimilation“ in hellenistischer Zeit und im „Goldenen Zeitalter“ Spaniens. Aber auch Wien und Prag bildeten bedeutende Zentren jüdischen Geistes- und Kulturlebens. Fünf der neun Nobelpreise, die in diesen Jahren an Naturwissenschaftler vergeben wurden, fielen an Juden (Albert Einstein, James Franck, Gustav Hertz, Otto Mey erhof, Otto Heinrich Warburg). Eine kurze Aufzählung bedeutender Personen wird zwar nicht der großen Mannigfaltigkeit der Leistung in Wissenschaft und Kunst gerecht, vermittelt aber bereits eine Vorstellung von ihr (Sigmund Freud – Psychologie, Albert Einstein – Physik, Max Liebermann – Malerei, Franz Kafka – Literatur, Else Lasker-Schüler – Literatur, Arnold Schönberg – Musik, Max Reinhardt – Theater, Fritz Lang – Film, Vertreter der „Frankfurter Schule“ wie Theodor W. Adorno – Soziologie, Alfred Kerr – Theaterkritik und zahlreiche andere). Verfolgung, Vertreibung und Ermordung der Juden im Nationalsozialismus bedeuteten auch einen kulturellen Verlust, der bis heute in Deutschland spürbar ist.

Grundlegende Inhalte

Antisemitismus und Rassismus waren elementare Bestandteile der NS–Ideologie und des Parteiprogramms. Sie wurden 1933 zum Prinzip der Regierungspolitik erhoben.

Die Rückgängigmachung der Judenemanzipation wurde stufenweise vollzogen. 1933 begann der wirtschaftliche Boykott (1. April) und der berufliche Ausschluss der Juden (Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums). Ein Widerstand der Bevölkerung blieb aus.
Die Nürnberger Gesetze von 1935 dienten der rassistischen Ausgrenzung der Juden und der Aberkennung der Reichsbürgerschaft.
Novemberpogrom 1938: Zerstörungen von Synagogen und Geschäften, Verhaftung von 30.000 Juden, Einweisung in Konzentrationslager. Reaktion der Bevölkerung. Ausschluss der jüdischen Schüler aus öffentlichen Schulen.

Ausweitung der systematischen Verfolgung und späteren Ermordung auf Sinti und Roma, Homosexuelle und Zeugen Jehovas schon vor 1939. Beginn der Krankenmorde (Euthanasie) 1940.

Schnelle Radikalisierung der Judenverfolgung im Reich 1938-1941: Völliges Berufsverbot und Zwangsarbeit, Ausplünderung durch Vermögenssperrung, Einweisung in „Judenhäuser“, Einführung des Judensterns im September 1941 (in Polen schon 1939), Beginn der Deportationen am 17. Oktober 1941. Untertauchen von Juden in die Illegalität.

Seit Kriegsbeginn 1939 Ausweitung der Judenverfolgung auf alle besetzten Länder Europas: Morde der Einsatzgruppen, Errichtung von Ghettos und Vernichtungslagern in Osteuropa. Bewaffneter Widerstand von jüdischen Partisanen. Wannsee Konferenz im Januar 1942 zur Organisierung des Massenmordes. Lebensschicksale ermordeter und überlebender Juden in den Ländern Europas.

„Kommt her, Ihr freien Bürger der Welt, deren Leben durch menschliche Moral geschützt und deren Existenz durch Gesetz garantiert ist. Ich möchte euch erzählen, wie moderne Verbrecher und verabscheuungswürdige Mörder die Moral des Lebens mit Füßen getreten und den Grundsatz der Existenz aufgehoben haben.“

Diese Worte von Zalman Gradowski, ermordet 1944 in Auschwitz-Birkenau, sind in der Ausstellung der Gedenk – stätte des Stammlagers Auschwitz zu lesen.

Perspektivwechsel

Formen der jüdischen Selbsthilfe und Selbstbehauptung am Beispiel der Gründung der Reichsvertretung der deutschen Juden 1933 mit Abteilungen für Schulen, Ausbildung, Auswanderung und Wohlfahrt. Es gab ferner Organisationen wie den Kulturbund Deutscher Juden, jüdische Jugendverbände und das zionistische Jugend werk zur Ausbildung in der Landwirtschaft.

Flucht und Emigration von Juden aus Deutschland, beginnend 1933. Bis 1941 konnten etwa 60 Prozent der deutschen Juden auswandern, vor allem nach USA, England und Palästina. Biographische Zeugnisse zeigen die enormen Schwierigkeiten bei der Erlangung von Visen und die weitgehende Ausplünderung der Emigranten vor der Abreise.

Die fortschreitende Diskriminierung von Juden in der Öffentlichkeit lässt sich am Beispiel von Berichten jüdischer Schüler aus öffentlichen Schulen vermitteln: Verhalten von Lehrern und Mitschülern. Projektvorschlag: jüdische Schüler an unserer Schule nach 1933.

Widerstand konnten Juden in Deutschland nur individuell leisten durch Flucht, Untertauchen oder die Annahme einer falschen Identität, wozu sie immer Helfer benötigten. Doch zahlreiche Emigranten kämpften in der amerikanischen und britischen Armee, und vor allem in Polen und Frankreich gab es bewaffnete jüdische Partisanen. Zur Veranschaulichung des Widerstandes eignet sich der verzweifelte Ghettoaufstand in Warschau 1943.

Pädagogisch zu empfehlen ist es, nicht mit dem Völkermord zu enden, sondern abschließend Retter von Juden und ihre Entscheidung zu thematisieren als Beispiel für Handlungsmöglichkeiten und Widerstand in einer Diktatur. Die Beispiele reichen von der Rettung Ruth Klügers bei der Selektion in Auschwitz durch eine Gefangene über das Leben Reich-Ranickis im polnischen Versteck bis zur Rettung der dänischen Juden nach Schweden 1943.

Die ersten jüdischen Gemeinden nach dem Krieg entstanden aus zwei ganz unterschiedlichen Wurzeln: aus den wenigen überlebenden deutschen Juden, die oft mit Nichtjuden verheiratet waren, und aus der Gruppe der aus Osteuropa geflohenen Überlebenden, den sogenannten Displaced Persons, die später bis auf etwa 20.000 nach den USA und nach Palästina weiterwanderten. Zu diesen beiden Gruppen kamen ab 1950 Juden, die vor den Nazis aus Deutschland geflohen waren und als Remigranten zurückkehrten. Sie machten nur etwa fünf Prozent der ursprünglichen Emigranten aus, doch waren unter ihnen bekannte Wissenschaftler und Künstler. Diese drei Gruppen trafen in der deutschen Gesellschaft oft auf einen fortbestehenden, nur wenig verborgenen Antisemitismus. Gleichzeitig beschloss die Regierung der jungen Bundesrepublik, die an demokratischer Legitimation interessiert war, entsprechend internationalen Erwartungen 1952 jüdische Opfer materiell zu entschädigen („Wiedergutmachungsgesetze“). Laut einer Umfrage wurde diese Entschädigung von 44 Prozent der Bevölkerung abgelehnt.

Die Juden in der BRD lebten oft physisch und psychisch gebrochen in Zurückgezogenheit von ihrer Umwelt und glaubten noch Jahrzehnte lang, dass sie Deutschland bald verlassen würden. Sie verstanden sich nicht als „deutsche Juden“, sondern als „Juden in Deutschland“. 1950 wurde die Gesamtvertretung dementsprechend mit dem Namen „Zentralrat der Juden in Deutschland“ gegründet. Der Zionismus und Israel spielten in den jüdischen Gemeinden lange die Rolle einer Ersatzidentität. Erst in der dritten Generation und unter dem Einfluss der Einwanderer aus der GUS seit den frühen 1990er Jahren zeigt sich die Bereitschaft, in Deutschland zu bleiben und eine wachsende Teilnahme am öffentlichen Leben

In die DDR kehrten überwiegend jüdische Kommunisten zurück, die am Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft mitwirken wollten. Sie spielten in Politik und Kultur der DDR eine nicht unwesentliche Rolle, verstanden sich aber zumeist nicht als Juden und wurden nur selten Mitglieder der jüdischen Gemeinden. Während der antisemitischen Agitation gegen „Kosmopoliten“ 1953 flüchteten viele der Gemeindemitglieder nach Westen, so dass die Gemeinden 1989 insgesamt nur noch 400, meist alte Mitglieder, hatten, während in der BRD etwa 30.000 Juden den Gemeinden angehörten.

Einen Beschluss der frei gewählten DDR Regierung von 1990 aufnehmend, ermöglichte die BRD Juden aus den GUS-Staaten die Einwanderung. Diese brach ten oft nichtjüdische Ehepartner mit und waren fast immer durch die antireligiöse Politik der Sowjetunion dem Judentum entfremdet. Das erschwerte zusammen mit der Sprachbarriere ihre Integration in die jüdischen Gemeinden, die sich oft völlig überfordert sahen. Die Einwanderer aus den GUS Staaten machen heute über drei Viertel der jüdischen Gemeindemitglieder aus. Insgesamt hat sich die Zahl der Juden in den Gemeinden durch die Einwanderung auf etwa 120.000 fast vervierfacht.

Das politische Verhältnis der Bundesrepublik zu Israel ist von dem Prinzip der besonderen historischen Verantwortung der Deutschen aufgrund der Shoah bestimmt. Die BRD sieht sich als Garant des Existenzrechtes Israels. Dies schließt jedoch nicht die Möglichkeit der Kritik an der Politik der jeweiligen israelischen Regierung aus. Seit dem Abkommen von Luxemburg 1952, das Israel eine pauschale Entschädigung zusprach, die zum Aufbau des Landes beitrug, besteht eine Basis der Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten. Diese Kooperation ist nicht nur eine politische, sondern auch eine wirtschaftliche und kulturelle.

Das Leo Baeck Programm „Jüdisches Leben in Deutschland – Schule und Fortbildung“

https://www.pz-ffm.de/fileadmin/user_upload/bilder/Links/Orientierungshilfe2011-Inhalt.pdf

Vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten gab es in Paderborn 80 jüdische Familien mit ca. 350 Seelen. Es herrschte hier ein reges jüdisches Leben, welches Jahrzehnte von Herrn Prediger Louis Weiler geleitet wurde. Unter seiner Leitung fand auch der Religionsunterricht in der Jüdischen Schule statt, die dem Synagogenbau angegliedert war. Die Synagoge und das Schulhaus standen im Zentrum Paderborns Am Bogen. Im Jahre 1923 wurde Herr Prediger Weiler pensioniert und als Nachfolger amtierte bei uns Herr Prediger David Köln bis zu seiner Deportation. Er ist dann leider mit seiner ganzen Familie in den Schreckensjahren umgekommen.

In Paderborn befand sich auch das Jüdische Provinzial-Waisenhaus für Westfalen und Rheinland (Leostraße 3), welches ständig mit 80 bis 100 Zöglingen belegt war. Die Leitung lag anfangs in den Händen von Fräulein Paula Marx und später bei ihrer Nichte Fräulein Liesel Dryer. Der bewährte Lehrer dieser Anstalt war Herr Rosenblatt.

Das Jüdische Provinzial-Waisenhaus

Es war eine reiche Gemeinde, die mit ihren christlichen Nachbarn in bestem Einvernehmen lebte und durch großzügige Spenden und Wohltätigkeit an die minderbemittelte Bevölkerung großes Ansehen genoß. Es gab viele große Kaufhäuser und Industrie-Unternehmen mit jahrhundertalter Tradition. Im Jahre 1938, als unser schönes Gotteshaus von Frevlerhand verbrannt und zerstört wurde, blieb auch von dieser würdigen Gemeinde nicht mehr viel übrig. Wer sich noch retten konnte ging ins Ausland, der Rest wurde deportiert.

Von alten Paderborner jüdischen Bürgern sind seit der Schreckenszeit nur wenige übrig geblieben. Vor einige Zeit meldete sich zu unserer großen Freude Herr Rechtsanwalt Dr. Albert Rose, jetzt wohnhaft in Los Angeles 36, California, 759 South Detroit Street, seinerzeit 1. Vorsitzender der Synagogengemeinde Paderborn. Ihm verdanken wir einige Hinweise aus früherer Zeit. Von anderer Seite sind uns jedoch so ausführliche Berichte zur Geschichte der Paderborner Juden zugegangen, daß man sogar von einer kleinen Chronik sprechen kann. Sie beginnt mit dem Jahre

1342 Eine Urkunde besagt, daß das Steinhaus des Heinrich Rykenowe in Paderborn (in der Nähe der ehemaligen Marktkirche) von Juden bewohnt ist.

Dann erfahren wir wieder etwas über die Juden in Paderborn zu Anfang des 16. Jahrhunderts. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges zwang Christian von Braunschweig die Juden des Hochstiftes zu einer Zwangsabgabe von 30000 Talern.

1627 beschweren sich die Paderborner Juden über Ausschreitungen gegen sie beim Landesherrn (Fürstbischof), der die Übeltäter bestrafen läßt.

1648 ist in einer Schrift von einem „Judenvorgänger“ (Judenvorsteher) die Rede.

1661 Der Fürstbischof erhebt die jüdische Gemeinschaft zu einer rechtlichen Institution mit bevollmächtigten Vetretern der Judenschaft. Erster bevollmächtigter Judenvorsteher war Isaac Hertz.

Im 17. Jahrhundert gab es nur einen Rabbiner im Hochstift von Paderborn, der vom „Vorgänger“ vorgeschlagen wurde und vom Fürstbischof zu bestätigen war.

1704 gab es im Hochstift von Paderborn 158 jüdische Familien, also bereits eine beträchliche Anzahl.

1764 wird erstmalig eine Synagoge in der Stadt Paderborn erwähnt, unter anderem mit der Bitte um Zuschuß für Instandhaltung an den Fürstbischof.

Der erste jüdische Friedhof in Paderborn lag wahrscheinlich in der Padergasse. 1728 kaufte die Gemeinde ein Grundstück auf dem Liboriberg als Friedhof an. Und 1830 gab es eine jüdische Beerdigungsstätte auf der Schulbrede und 1836 einen Friedhof an der Borchener Straße. Hier wurde die letzte Bestattung im Jahre 1893 vorgenommen. Seit dieser Zeit gibt es den jüdischen Friedhof an der Warburger Straße, auf dem noch heute die Beisetzungen erfolgen. In unserem Bezirk gibt es auch noch 40 geschlossene Friedhöfe.

1652 gab es im Hochstift Paderborn 77 jüdische Familien.

1671 zählte man im Hochstift Paderborn 88 jüdische Familien.

1678 gab es in der Altstadt von Warburg eine Synagoge.

1704 werden in Beverungen bereits jüdische Lehrer erwähnt.

1740 waren bereits 212 jüdische Familien im Hochstift ansässig und in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es auch in Brakel, Beverungen und Peckelsheim Rabbiner, in Warburg sogar einen Oberrabbiner. Weit über seinen Amtsbereich hinaus bekannt war Oberrabbiner Samuel Steg aus Warburg, der im Jahre 1773 sein Amt dort antrat.

1784 gab es zwei jüdische Lehrer in Warburg und

1798 erhielt die Gemeinde Nieheim vom Fürstbischof die Erlaubnis zum Bau einer Synagoge, welche im Jahre 1799 eingeweiht wurde.

1854 wurde in Lippstadt die letzte Synagoge erbaut.

1882 Die eingeweihte Synagoge in Paderborn.

Brand Gemeinde Paderborn

1938 Die brennende Kuppel.

Ein für die Paderborner Jüdische Gemeinde sehr wertvoller und interessanter Fund war die Wiederauffindung der Urkunde über die Grundsteinlegung der im Jahre 1881 erbauten und im Jahre 1938 zerstörten Synagoge. Hermann Herzheim, der Großvater des heute amtierenden 1. Vorsitzenden der Paderborner Jüdischen Kultusgemeinde, K. Th. Herzheim, wird darin bereits als Repräsentant der damaligen Jüdischen Gemeinde erwähnt.

Auch das alte schmiedeeiserne Schloß des Hauptportales wurde der Gemeinde vor kurzem wieder übergeben.

Nach dem Zusammenbruch des Hitlerregimes versuchte man auch in Paderborn im Jahre 1945 wieder eine Jüdische Gemeinde zu bilden. 1953 wurde die Jüdische Kultusgemeinde Paderborn, mit den angeschlossenen Kreisen, Körperschaft des öffentlichen Rechts. Heute zählt die Gemeinde ca. 60 Mitglieder, eine kleine Schar, die sich nach 1945 hier wieder einfand und versucht, jüdisches Leben zu pflegen und aufrecht zu erhalten. Das war nicht immer ganz einfach, denn unsere Mitglieder sind in einem Umkreis von 100 km verstreut ansässig. Eine Synagoge und einen Versammlungsraum hatten wir nicht. Zu den großen Feiertagen versuchten wir bei den Nachbargemeinden unterzukommen. Unsere bescheidenen Feiern veranstalteten wir in hiesigen Restaurationsbetrieben und es war nicht immer leicht, einen passenden Platz zu finden. Mit dem Neubau ist ein Gemeindezentrum geschaffen worden, das nun allen Mitgliedern in religiöser und kultureller Hinsicht einen festen Zusammenhalt ermöglichen soll.

Unser Nachwuchs sind zur Zeit neun Kinder und Jugendliche im Alter von drei bis achtzehn Jahren. Auch für diese Jugend ist es ein erhebendes Gefühl, wieder ein Gotteshaus zu haben und in den dafür bestimmten Nebenräumen Geselligkeit und Gemeinschaftssinn zu pflegen.

Das Werk von Menschenhand ist nun vollendet. Möge der Allmächtige seinen Segen dazu geben, und die Paderborner Gemeinde in Frieden und Eintracht ihr jüdisches Leben in diesem Haus beginnen und für alle Zukunft fortführen können.

Weit öffnen wir auch unsere Tore für unsere nichtjüdischen Mitbürger, damit sie aus Anschauung und persönlicher Erfahrung unsere Tradition miterleben können. Und das gute Verhältnis, das hier immer zwischen Juden und Nichtjuden geherrscht hat, weiter zu fördern und noch zu vertiefen, wird stets eine unserer vornehmsten Aufgaben sein.

Zum Schluß gebührt noch all denen unser besonderer Dank, die uns geholfen haben, das Werk zu vollbringen und nach Möglichkeit bemüht waren, Hindernisse zu beseitigen, wo diese auftraten. Es wurde uns beim Bau unseres Gotteshauses von allen offiziellen Stellen stets das größte Entgegenkommen gezeigt.

1. Vorsteher: K. Th. Herzheim

2. Vorsteher: Paul Mosheim

29. Novenber 1959

Weihe Synagoge Paderborn

29. November 1959 Weihe der neuen Synagoge Paderborn.

Auch heute, mehr als 70 Jahre später, ist die Gemeinde offen für alle Mitbürger, die sich für unsere Sitten und Bräuche interessieren. Besucher sind herzlich willkommen, eine vorherige telefonische Anmeldung ist jedoch erwünscht.

1. Vorsitzender: Alexander Kogan aus Paderborn